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0211 9890-1440Bei der bevorstehenden Scheidung können sich die getrennt lebenden Eheleute W. nicht über die Anrechnung der Erbschaft zum Endvermögen einigen. Das Erbe der Ehefrau war als Eigenkapital in den Hausbau geflossen. Herr W. beharrt nun darauf, Eigenleistungen in gleicher Höhe erbracht zu haben. Falls der Zugewinnausgleich mit in das Scheidungsverfahren einfließt, wird’s teuer. Beide Ehepartner wollen daher mit Mediation eine günstige und gute Lösung finden.
Position A
Frau W. wohnt nach der Trennung weiterhin mit den beiden ehelichen Kindern im gemeinsamen Eigenheim. Sie beabsichtigt, das Haus zu halten und will Ihre einstige Erbschaft in Höhe von 100.000 D-Mark vom Zugewinnausgleich ausnehmen. Auch bei dieser Regelung hat sie immer noch erhebliche Probleme ihren Mann auszuzahlen. Sie ärgert sich, dass ihr Mann ihr Erbe bei der Scheidung teilen will. Zudem hat sie große Sorge, dass der Zugewinnausgleich nicht berechnet werden kann und mit in das Scheidungsverfahren einfließt. Das bedeutet, dass weitere „unnötige“ Kosten und viel Zeit aufgebracht werden müssen.
Position B
Herr W. besteht darauf, dass das gemeinsame Eigenheim verkauft wird um mit dem Verkaufserlös die weiterhin laufende Finanzierung zu tilgen. Er beansprucht die hälftige Teilung, weil er der Meinung ist, einen ebensogroßen Anteil wie seine in Trennung lebende Ehefrau am Hausbau erbracht zu haben. Schließlich hatte er hunderte von Stunden auf dem Bau gearbeitet und viele Handwerksarbeiten in Eigenleistung erbracht. Er möchte mit Hilfe der Mediation einen Ausweg aus der Streitsituation finden um schneller den Hausverkauf abzuwickeln.
Einvernehmliche Lösung
Der Mediator musste zunächst beiden Ex-Partnern erläutern, dass die Mediation keine vorgefertigten Lösungen bietet. Vielmehr kommt es darauf an, gemeinsame neue Lösungsmöglichkeiten zu entwickeln. Als die Scheidungsgegner sich emotional beruhigt hatten und sich bereit erklärten, neue Denkansätze auszuprobieren, begann die eigentliche Mediation.
Die beiden Scheidungsgegner waren sich der Rechtslage bewusst: Ein Erbe gilt als ein so genanntes privilegiertes Vermögen und wird somit dem Anfangsvermögen von Frau W. zugerechnet. Herr W. hatte zwar erhebliche Eigenleistungen in den Hausbau eingebracht, da diese aber im Verlauf der Ehe geleistet wurden, werden sie dem Endvermögen zugerechnet und beim Zugewinnausgleich berechnet.
Damit war der Streit jedoch nicht beigelegt. Erst als es dem Mediator gelang, dass sich die Scheidungsgegner einmal in die Lage der beiden gemeinsamen Kinder versetzten, entwickelten sie eine einvernehmliche Lösung. Frau W. behält das Haus als alleinige Eigentümerin. Sie wohnt weiterhin mit den beiden Kindern dort. Herr W. verzichtet auf Ansprüche auf das Erbe bei der Scheidung. Im Gegenzug tilgt Frau W. die Restschuld der Finanzierung allein.
Dauer bis zur Lösung: ca. 14 Tage
Herr L. hatte vor 20 Jahren ein Haus geerbt, in dem er seitdem mit seiner Familie wohnte. Im Laufe der Jahre wurden an dem Haus etliche Sanierungsarbeiten und Reparaturen durchgeführt. Nach der Scheidung verkauft er das Haus und nun fordert seine Exfrau nochmals ihren Anteil am Zugewinn, also an der Wertsteigerung der Immobilie ein.
Position A
Herr L. besteht darauf, dass das Haus, das er einst geerbt hatte vom Zugewinnausgleich ausgeschlossen ist. Immerhin habe seine Ex-Ehefrau auch 20 Jahre lang in dem ererben Haus gelebt und dem entsprechend den Zustand der Immobilie „abgenutzt“.
Er allein habe für den Lebensunterhalt der Familie und damit allein für den Erhalt der Immobilie gesorgt. Er würde überhaupt nicht einsehen, sein Erbe bei der Scheidung zu teilen.
Position B
Frau L. will keinen Erbstreit heraufbeschwören, sondern ihren Anteil am Zugewinnausgleich einfordern. Immerhin hatte das Einfamilienhaus in den letzten 20 Jahren einen enormen Wertzuwachs erfahren. Es ginge um rund 100.000 Euro mehr als im Gutachten bei der Scheidung veranschlagt waren. Davon stehen ihr, wie sie meint, auch nach der Scheidung nochmals die Hälfte zu. Da das Scheidungsverfahren ohnehin kompliziert war, wollte sie mit Hilfe der Mediation ihren Ex-Ehemann zum Einlenken bringen.
Einvernehmliche Lösung
Als Volljurist konnte der Mediator den beiden gegnerischen Parteien zunächst die Rechtsgrundlage darlegen: Wertsteigerungen stellen sehr wohl einen Zugewinn dar.
Herr L. war demnach in der Pflicht, sein Erbe bei der Scheidung in den Zugewinnausgleich einzubringen. Auch wenn das Haus erst nach der Scheidung verkauft wurde.
Herr L. musste einsehen, dass er seine Frau auch nach der Trennung am Wertzuwachs der Immobilie beteiligen musste.